Bereit für einen kleinen Sprachkurs? Nein, sorry, chinesisch kann ich niemandem beibringen – das beherrsche ich selbst nicht! Wäre mir tatsächlich auch ein bisschen zu kompliziert für meinen kleinen Artikel hier. Aber Kunst, das wäre doch was, oder? Wir können doch Kunst sprechen! Wie, Kunst kann man nicht sprechen? Doch, klar, kann man!
Klar hat die Kunstgeschichte auch ihre ganz eigenen Fachbegriffe und wenn man diese ganz geschickt in eine Unterhaltung einfließen lässt, kann das für den Gesprächspartner ganz schnell nach einer anderen Sprache klingen. Es gibt aber darunter auch Worte die – ehrlich gesagt – sich schon so kompliziert anhören, dass man dreimal nachfragen muss, bis man sie endlich erfasst hat.
Hierzu ein kleiner Blick zurück in die Anfänge meines Kunstgeschichtsstudiums. Als brave Studentin saß ich in den Vorlesungen und Seminaren in Kunstgeschichte und Klassischer Archäologie und habe fleißig zugehört und mitgeschrieben. Wahrscheinlich habe ich manchmal mehr geschrieben als gehört. Kurzum es sind seitenweise Mitschriften entstanden, die nach Abschluss meines Studiums in einem rituellen Brandopfer aufgegangen sind. (Nein, hierüber möchte ich mich jetzt nicht länger auslassen...) Festzustellen war nämlich nach ein paar Semestern des Studiums, dass ich diese Handkrampf-fördernden Maßnahmen nie wieder in Augenschein genommen habe, sprich sie in irgendwelchen Ordnern vor sich hindämmerten. Aber selbst wenn ich dann doch einmal die dicke Staubschicht entfernt und mir eines der Werke zu Gemüte führen wollte: ich habe meistens gar nicht mehr verstanden, was ich da eigentlich aufgeschrieben habe. Einige Worte waren nach dem Gehör geschrieben und schlicht und ergreifend falsch und andere waren (aufgrund eines schlechteren Hörverständnisses als alte Spracherkennungsprogramme (der Prof hat aber auch genuschelt)) nur rudimentär vorhanden. Die ganze Arbeit für die Füße! (Hätte mir das mal jemand vorher gesagt...) Es lag natürlich auch daran, dass mir der Inhalt dieser Worte wirklich nicht bekannt war, ich sie mir nicht erschließen konnte. Im Laufe der Jahre kam das Verständnis und mit dem Schreiben war es dann auch nicht mehr so schwer. Zurückgeblieben ist eine Liste an (kunsthistorischen) Lieblingsworten – nicht alle sind schwer zu schreiben, aber deshalb auch nicht unbedingt leichter zu verstehen!
Das erste dieser Lieblingsworte ist das Triglyphen-Metopen-Fries. Ist es nicht toll? Selbst wenn es so geschrieben vor einem steht ist es einfach eine Wucht! Ich finde übrigens auch, es ist prädestiniert, um es bei Hangman, Galgenmännchen oder wie immer man das Spiel nennt, verwendet zu werden. Triglyphen-Metopen-Fries. Da sind so viele unterschiedliche Buchstaben drin, das errät niemand! (Außer diejenigen, die diesen Text jetzt lesen und vorhaben, in Zukunft mit mir Galgenmännchen zu spielen!) Triglyphen-Metopen-Fries. Das Wort muss man sich erstmal auf der Zunge zergehen lassen. Genießen. Hin und her drehen. Und dann: hä? Bitte was?
Der Reihe nach.
Tri – ist drei. So weit, so verständlich.
Glyphe kennt man von Hieroglyphe. Es kommt aus dem Griechischen und heißt „Eingeritztes“.
Als Tri+Glyphe= Drei Eingeritztes.
So:
Auf einer Platte (z.B. aus Marmor) eingeritzt:
Dann noch dieses Metopen-Dings. Das Wort Metope kommt ebenfalls wieder aus dem Griechischen und ist ein Feld, einer Platte, die häufig mit ornamentalem oder figürlichem Schmuck besetzt ist. In etwa so:
Für den Fall, dass das irgendjemand nicht erkennen können sollte: das ist eindeutig eine kriegerische Auseinandersetzung, vorne ist ein Pferd im Kampfgetümmel zu erkennen und dahinter der in Rüstung befindliche Kämpfer mit Waffe.
So, zurück zum Triglyphen-Metopen-Fries. Reiht man nun die einzelnen Platten aneinander, sieht das so aus:
Und befindet sich am Tempel, unterhalb des Giebels – in etwa so:
Da haben wir übrigens auch einen ganzen Haufen toller Wörter, die wir in unser Vokabelheft aufnehmen können. Triglyphen-Metopen-Fries ist jetzt klar, dann darunter: Abakus. Den kennen vielleicht noch ein paar aus dem Matheunterricht. Es ist ein mechanisches Rechenhilfsmittel, auch Rechenrahmen genannt. Hier aber ist es die das Kapitell nach oben abschließende Platte.
Darunter der Echinus. Echinus ist auch wieder griechisch (war fast klar) und heißt wörtlich übersetzt „Igel“, aber keine Angst, das ist kein Fall von Tierquälerei, sondern hier ist der kissenförmige Wulst zwischen Abakus und Säule gemeint. Also, danach kommt die Säule. Und darunter das Stylobat. Auch wieder zwei Worte: stylo (=Stift) und bat (=Basis), also die Basis für den Stift oder auch (dann macht es mehr Sinn) die Säulenbasis.
Akroter oben links ist das plastisch ausgestaltete Gebilde auf der Giebelecke, er kann sich aber auch auf der Giebelmitte befinden. Rechts haben wir dann noch Tympanon. Das ist das Giebelfeld – manchmal auch mit einem Relief versehen – meist dreieckig. Darunter Geison (oder auch noch schöner: Schräggeison), das ist nichts anders als das Gesims um bzw. unter dem Tympanon. Bleibt zum Abschluss noch der Architrav. Das ist – wie man ja auch auf der Zeichnung erkennen kann – ein waagerechter Balken über den Säulen oder anders herum der unterste Teil des Gebälks.
Puh, das war schon ganz schön ordentlich. Vielleicht zur Abwechslung mal weg von der Architektur, hin zur Malerei. Ich hätte anzubieten: sgraffito. Hört sich gesprochen ein wenig an wie Graffiti und hat tatsächlich auch etwas damit zu tun, bzw. umgekehrt. Also, sgraffito leitet sich von dem italienischen Wort graffiare ab, welches „kratzen“ bedeutet. In der Malerei ist es eine Technik der Wandmalerei, bei welcher in den noch feuchten Putz Linien hineingekratzt werden. Durch dieses Kratzen wird der darunterliegende - meist farbige -Untergrund sichtbar. Dieser heißt deshalb auch Kratzgrund. Sgraffito ist also das Kratzen. Was das mit der (manchmal nicht ganz so ansehnlichen) Farbmalerei auf Wänden zu tun hat? Nun, frühe Graffiti kennen wir tatsächlich aus Pompeji. Dort wurden Parolen, Schriftzüge, Zeichen auf Hauswände gekratzt, z.B. als Wahlwerbung – ritzt man nicht, sondern sprüht Farbe, sind wir in der Gegenwart angekommen. Übrigens gibt es heute das Kratzen im Graffiti auch noch, dann heißt es allerdings „Scratching“. Zu finden häufig auf Fensterscheiben, in Bussen, Straßenbahnen,...
Kurz zurück zur Wandmalerei, die wir auch als Fresko kennen. Fresko, auch wieder italienisch (dann mit „c“), heißt frisch. Die Freskomalerei ist die älteste Technik der Wand- (oder auch Deckenmalerei), bei der Pigmente in Wasser angerührt werden und direkt auf den feuchten Kalkputz aufgetragen werden. Durch die eintretende chemische Verbindung (Karbonisierung) versintert das Pigment an der Oberfläche und wird in den Kalkputz eigebunden, die Oberfläche schimmert dann so ein bisschen. Heißt, macht der Maler Fehler, muss der Putz an der Stelle wieder abgeschlagen und neuer aufgebracht werden, Übermalen funktioniert nicht. Deshalb wird auch nur so viel feuchter Putz aufgetragen, wie man im Laufe eines Tages bemalen kann. Daher auch der Begriff „Tagwerk“ (=giornata). Malt man auf den trockenen Putz, entsteht eine stumpfe, matte Oberfläche. Das ist dann die Sekko-Malerei. Bei dieser Variante malt man auf trockenen Putz, heißt, man kann sich ein bisschen mehr Zeit lassen! Aber al secco wird das Pigment nicht in den Putz eingebunden, diese Gestaltungsart also weniger lange haltbar.
So, das ist kann schön viel an tollen Worten. Vielleicht bietet sich ja am Wochenende die Möglichkeit, das Wissen mal sinnvoll an die Frau oder den Mann zu bringen – ein Staunen ist gewiss!
Zum Abschluss vielleicht ein kleines Rätsel:
Was ist denn ein Dachsvertreiber? (Ohne Nachschauen, das wäre geschummelt!) Antworten gerne an mich!
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