Der pinta-pinta in der vergangenen Woche ist so ein Beispiel gewesen, wo (wie ich finde) in einer anderen Sprachen einfach das schönere (und vielleicht auch passendere, weil lautmalerische) Wort für etwas existiert.
Noch besser sind Worte, die Dinge oder Zustände beschreiben, die man eigentlich gar nicht mit einem Wort beschreiben kann. Wo der (deutsche) Wortschatz zu klein ist. Kurzer Einschub: Oh ja, ich weiß, wir haben ganz viele wundervolle, lustige und treffende Worte! Manche gehen leider auch über die Zeit verloren oder werden nicht mehr so oft verwendet, obwohl sie so großartig sind. „Kokolores“ ist so ein Wort. Ist es nicht wunderbar? Oder: „entzückend“ – ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal gesagt habe (oder geschrieben), das etwas entzückend ist. Ist das nicht töricht? (hihihi, noch so ein tolles Wort...) Die Liste lässt sich fortsetzen mit famos, drollig, bedröppelt oder auch Tünneff, Mumpitz, Schlingel, Flausen, Marotten,... Ja, ich habe wirklich angefangen, eine Liste zu schreiben – sie heißt „lost words“ und darauf sammele ich diese süßen kleinen Buchstabenreihen, die mehr und mehr aus der Mode kommen. Was ich damit mache, weiß ich noch nicht. Momentan schaue ich immer mal wieder drauf und nehme mir vor, das ein oder andere Wort wieder öfter zu verwenden.
Oh, und ich weiß, ich Schuft (ha, noch eins untergebracht), ich habe die Liste „lost words“ genannt. Hätte doch ein deutsches Wort finden können. Nö. „Verlorene Worte“ hat irgendwie nicht das ausgedrückt, was ich meine... Und „langsam aus dem Alltag verschwindende Worte“ ist ein bisschen lang – ich glaube, da sind wir uns einig.
Ups, jetzt ist aus dem kurzen Einschub doch ein bisschen mehr geworden. Also, zurück zu den Worten, die es so in unserem Sprachgebrauch nicht gibt. Die da auch nie waren. Also auch nicht verloren gehen konnten und können. „kesemutan“ ist so ein Wort. Es beschreibt einen Zustand, den jeder kennt. Das ist genau das Gefühl, das entsteht, wenn man zu lange in einer Position verharrt hat – zum Beispiel auf dem Rücken liegend ein Buch lesend, wobei so langsam das Blut aus der Hand und dem Arm fließt, mit der/dem man das Buch hält – na ja, und wenn man dann die Position wechselt, den Arm runternimmt, dann kribbelt es doch so in den Fingern. Weil sie langsam wieder „zum Leben erwachen“. Diesen Zustand (oder dieses Gefühl) nennt man im Indonesischen „kesemutan“, denn „semut“ heißt Ameise... Und genau so fühlt es sich ja an: als wenn tausende Ameisen über die Hand wuseln. „kesemutan“ bedeutet übersetzt „das Aufwachen eines Körperteils“ – gibt’s bei uns in einem Wort nicht.
So ein schönes Wort (meiner ganz persönlichen Meinung nach) gibt es auch in Schweden: „fika“. Nein, das ist nichts Unanständiges! Es ist ganz harmlos und man könnte es mit Kaffeepausentreffenunddabeiquatschenundgemütlichzusammensitzen übersetzen. Gibt’s nicht? Na eben!
Wie in der letzten Woche vielleicht schon so ein bisschen angeklungen ist, mag ich lautmalerische Worte. Ich finde es großartig, wenn mit mehr als „nur“ dem Inhalt und der Bedeutung etwas transportiert werden kann. „PENG!“ – das hört man doch schon beim Lesen! So etwas ist auch das englische Wort „serendipity“. Das „dip“ „pit“ „ty“ beschreibt doch schon genau, was es ist: das zufällige Finden oder Beobachten von etwas, das man ursprünglich gar nicht gesucht hat, das man aber genau in diesem Moment braucht (oder in der Wissenschaft eine herausragende und überraschende Entdeckung ist).
„dip“
„pit“
„ty“
Ja, es gibt die Serendipität im Deutschen - aber eben abgeleitet aus dem Englischen. Also eigentlich bei uns nicht vorhanden. Und, mal ehrlich, das hört sich doch auch nur noch halb so toll an... Beispiele für Serendipität (das kennt noch nicht mal mein Rechtschreibprogramm, es wird mir immer als falsch unterstrichen und Alternativen gibt’s auch nicht), also, Beispiele wären der Sekundenkleber oder auch das (Er-)Finden des Teebeutels. Und – ganz ehrlich – es begegnet uns doch auch häufig im Alltag! Ja, vielleicht nicht als DIE große (Er)Findung, aber im Kleinen: beim Suchen im Internet, wo man dann „plötzlich“ auf ganz viele tolle und interessante andere Dinge stößt oder beim Aufräumen, wenn „plötzlich“ Dinge wieder auftauchen, die man gar nicht gesucht hat.
„kuchisabishii“ ist noch so ein tolles Wort. Diesmal sind wir in Japan. Es besteht aus den Teilen „Mund“ und „einsam“ und meint dieses essen, wenn man eigentlich keinen Hunger hat, aber sich trotzdem vor dem Kühlschrank wiederfindet mit dem Stück Käse in der Hand, weil der „Mund einsam“ ist. Das Japanische ist da ohnehin ein wunderbarer Fundus. (hihihi) Vielleicht in der momentanen Situation ein gut einsetzbares Wort ist „ageotori“ – wenn man nach dem langersehnten Besuch beim Friseur schlimmer aussieht als vorher!
Ja, diese kleine Liste könnten wir fortsetzen. Lang. Sehr lang! Ich höre jetzt vielleicht lieber auf zu schreiben und widme mich den Bücherstapeln um mich herum. Einige der Bücher habe ich schon gelesen. Die liegen da, weil ich sie aus einem bestimmten Grund aus dem Regal gezogen habe: weil ich etwas nachschauen wollte, ein Zitat brauchte, ... Aber es gibt auch die „wartenden“ Bücher, die ich gekauft habe, weil mich das Thema, der Inhalt, brennend interessiert und ich aber gar nicht so viel Zeit zum Lesen habe, wie ich eigentlich gern hätte. Oder bräuchte, um die ganzen Bücher zu lesen. Und so liegen sie hier. Anklagend. Sanft flüsternd. „Lies mich!“ „Verbring deine Zeit mit mir.“ „Biiiiiiitte, nur eine Minute, oder zehn.“ Auch für diese Stapel haben die Japaner ein Wort: „tsundoku“ – eine Zusammensetzung aus „Anhäufen“ und „Lesen“.
Ich bin dann also mal weg.
Zwischen den Stapeln.
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