Gestern war ich mal wieder im Museum. Nach (ich habe nachgeschaut) sieben Monaten zum ersten Mal wieder! ...und als ich vor sieben Monaten im Museum war, war ich dort nicht „privat“, sondern zum Arbeiten... Also, alles ganz schön lange her und von daher mal wieder höchste Eisenbahn für frischen Kultur-Input „in echt“. Also live und vor Ort.
Es waren erstaunlich wenig Menschen dort. Ich weiß nicht, ob es daran lag, dass man (wieder) ein Zeitfenster buchen musste, oder ob das Thema der Ausstellung nicht so große Massen lockt... Ach so, ich sollte vielleicht mal kurz erwähnen, dass ich in Freiburg im Museum für Neue Kunst in der Ausstellung „Piktogramme, Lebenszeichen, Emojis: Die Gesellschaft der Zeichen“ war. Sehenswert, absolut! Schon allein aus dem Grund, weil man sich vielleicht (einmal wieder) bewusst macht, dass wir im Alltag permanent von Zeichen umgeben sind. Sie ständig verwenden, lesen, deuten, weitergeben,... Und eben manchmal auch nicht verstehen. Sie nicht deuten können. Die Bildsprache nicht dechiffrieren können. Wir ausgeschlossen werden aus einer Zeichenwelt.
Heute.
Oder in den Bildwelten vergangener Zeiten.
Nehmen wir mal das Beispiel Emojis, also diese vielen kleinen Zeichen, die es uns möglich machen, Nachrichten anzureichern mit bunten Bildchen. Ich nehme an, dass bei einem lachenden Smiley die Meinungen über die Bedeutung noch nicht allzu weit auseinandergehen. Aber was ist mit dem Smiley, dem kleine Rauchwölkchen aus der Nase kommen? Ist der wütend? Schlecht gelaunt? Wir würden das wahrscheinlich (in unserem Kulturkreis) so interpretieren. In Japan triumphiert er!
Apropos Japan, daher stammt übrigens das Wort „emoji“ und würde wörtlich übersetzt wohl so etwas wie Bild-Ausdruck-Buchstabe heißen. 1999 wurden sie von Shigetaka Kurita entwickelt – damals noch keine 200 Stück, mittlerweile ein paar hundert verschiedene. Ob Kurita wirklich der erste war, darüber streitet man sich bis heute. Seine Emojis haben es aber auf alle Fälle ins MoMA in New York geschafft.
Das mit dem Verständnis ist also so eine Sache...
Grundsätzlich aber sind natürlich Bildzeichen eine universelle Sprache. (Im Blog gibt es einen weiteren Text von mir hierzu: „Bilder im Kopf“ – zum Nachlesen einfach klicken.) Oder sagen wir mal: universeller als unsere jeweilige Alltagssprache es ist. Und wo viele Menschen aus unterschiedlichen Kulturen, mit verschiedenen religiösen Hintergründen, die sich in vielen Sprachen unterhalten, [...] zusammenkommen, können Bildzeichen eine prima Möglichkeit zur Verständigung sein. Also zum Beispiel am Flughafen: egal, ob wir in Frankfurt, Florenz oder Fort Lauterdale einem menschlichen Bedürfnis nachkommen wollen (oder müssen), wir finden anhand der entsprechenden Piktogramme den Weg (hoffentlich schnell genug...).
Piktogramm ist das Stichwort: Ein eindeutiges Zeichen, das intuitiv verstanden wird. Otl Aicher (1922-1991), einer der Mitgründer der Hochschule für Gestaltung Ulm, entwickelte hunderte dieser Piktogramme, die wir heute noch verwenden (eben auch für das WC). Anlässlich der Olympischen Spiele 1972 in München entwickelte Aicher zum Beispiel Piktogramme, um die Orientierung für die Besucher zu erleichtern – und auch auf dem Flughafen Frankfurt basiert das Leitsystem auf seinen Bildzeichen. Diesen Piktogrammen liegt übrigens ein ganzes System von Regeln bis hin zum Gestaltungsraster zugrunde. Oberstes Prinzip war die Reduktion auf wesentliche Elemente. Durch die sachliche Darstellung sollte Deutlichkeit, Wiedererkennung und somit eine einfache Orientierung gegeben sein. In allen Sprachen. Intuitiv. Inklusiv.
Diese Zeichensysteme sind jedoch alles andere als starr. Können sie auch gar nicht sein. Sie müssen sich wandeln, weil die Gesellschaft, weil wir uns wandeln. Otl Aicher hatte es in den 1970ern noch nicht mit der Suche nach WLAN oder Standorten von Defibrillatoren zu tun. Wir aber. Dafür suchen wir heute kaum noch ein Münztelefon.
Nun, und wenn wir mal davon ausgehen, wie schnell sich die Zeichen in unserer Zeit wandeln (also alle: Piktogramme, Symbole, Emojis,...) und wir dann mal einen Blick in die Vergangenheit werfen, dann haben wir da einen ganz schön großen, nicht überschaubaren Haufen an unterschiedlichsten Elementen der Bildsprache. Und weil wir in einer anderen Zeit, Gesellschaft etc. leben, verstehen wir die teilweise nicht (mehr). Tun wir ja schon gelegentlich nicht bei den Zeichen unserer Zeit...
Letztens in einem Seminar ging es genau um solche Symbole, Allegorien, Metaphern usw. in der Kunstgeschichte. Gerade das Zeitalter des Barock war voll davon! Jeder Herrscher zum Beispiel, der etwas auf sich hielt, überlegte sich so ein, zwei Tugenden, die er sinnbildlich durch Allegorien symbolisierte. Oder gleich einen ganzen Gott, der mindestens so ein toller Hecht war, wie er selbst: Ludwig XIV. und der Sonnengott Apoll seien hier genannt. Und dann haben wir da noch die barocken Stillleben, die vor Symbolen nur so ächzen: Uhren, Zitronen, Gläser, Musikinstrumente, Äpfel, Weintrauben, Krebse, ... Und von ihrer Bedeutung wissen wir kaum noch etwas. (Hier geht es zu einem Artikel der Uni Münster, der auf das Thema eingeht, es gibt aber natürlich noch viele andere!)
Hihi und hier gestatte ich mir den Hinweis auf zwei kleine Gedankenspielereien, die ich bei solchen Gelegenheiten gerne anführe: Warum haben eigentlich Adam und Eva auf Darstellungen immer einen Bauchnabel?! Eigentlich ja nicht möglich, denn (wenn meine Medizinkenntnisse mich nicht komplett in die Irre leiten) einen Bauchnabel hat man ja nur, wenn man vorher auch einen Nabelschnur hatte, die nämlich den Embryo mit der Plazenta im Mutterleib verbinden. So. Und Adam und Eva? Nabelschnur? Mutterleib? War da nicht was mit einer Rippe?
Auch der Bauchnabel ist hier natürlich nur ein Symbol. Beziehungsweise in erster Linie mal „abgemalt“ à la: ich (Maler:in) sehe so aus, also müssen Adam und Eva auch so ausgesehen haben. Und Symbol im Sinne von Adam und Eva als den ersten Menschen und Menschen haben nun mal nen Bauchnabel. Punkt.
Zweite kleine Hirnverrenkung: Petrus (also der Apostel und somit Symbol (schon wieder) für den Papst als Stellvertreter Christi auf Erden) hat ja immer Schlüssel bei sich. Immer. Und immer zwei! Die Schlüssel Petri. Für den Himmel. So, und nur mal angenommen, das mit dem Himmel ist wirklich so. Und es gibt da eine Tür. Hat die dann ein Sicherheitsschloss? Oder wofür ist der zweite Schlüssel? Für den Hintereingang?
...es gibt verschiedene Erklärungsversuche (na klar). So gibt es einen goldenen Schlüssel (das ist der für den Himmel) und einen silbernen (für das irdische Reich). Oder der goldene ist die sog. „Bindegewalt“ und der silberne die Lösegewalt oder die Sündenvergebung und die Exkommunikation oder...
Ich sag mal so: ganz schön viele Symbole!
Und für uns eben nicht mehr so ganz eindeutig zu entschlüsseln - ups, da ist schon wieder ein Schlüssel ;) Weil sich die Lebensumstände verändert haben und wir mit gewissen Themen in unserem Alltag nicht mehr ganz so viel zu tun haben. Und unser Schwerpunkt sich diesbezüglich verschoben hat – über die Jahrhunderte. Eindeutigkeit von Zeichen ist also immer so eine Sache. Und wir sollten immer auch einen Blick auf die Zeit haben. Also Zeichen im (zeithistorischen) Kontext sehen. Und im kulturellen. Nur ein Schlüssel zum Beispiel ist ja doch recht klar. Als Zeichen meine ich. Wird’s aber vielleicht auch bald nicht mehr sein: Wenn unsere Türen sich über Codes, über Gesichtserkennung oder ähnliches öffnen lassen zum Beispiel. Dann fragen sich vielleicht unsere Nachfahren irgendwann mal, was dieser Metallstab mit den Zacken soll... Und dann ist es auch schon egal, ob einer oder zwei!
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