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Von Hühnergöttern und dem Klee der Eva

Momentan lüfte ich gerade meinen Kopf an der Ostsee - man kann bestimmt die frische Brise riechen, die hier mit der Kulturlektüre ins Postfach geweht kommt! Beziehungsweise kommt sie eher gestürmt, denn hier ist es ganz schön windig. In den vergangenen Jahren war ich um diese Zeit immer hier und es ist das erste Mal, dass ich es mit so viel Wind und so hoher See sehe. Also genau das Richtige, um mal ordentlich die Gedanken durchzupusten, frischen Wind hineinzulassen und mit neuen Ideen wieder durchzustarten! Ich genieße diese Zeit nur für mich und mein persönliches „Lüften“ alljährlich sehr und bin froh, dass ich diese kreative Auszeit habe.

 

Aber darüber wollte ich hier eigentlich gar nicht schreiben. Kürzlich – ich glaube es war am 13.8.2021, der war nämlich ein Freitag – habe ich eine Statistik zu den Top 3 Glücksbringern und generell zum Aberglauben gelesen. Erstaunlich, dass im deutschsprachigen Raum die Zahl 13 zum Beispiel immer noch von fast der Hälfte der Menschen für ein unheilbringendes Symbol gehalten wird! …ich persönlich finde ja, dass die 13 eine Glückszahl ist… 

 

Der typische Glücksbringer ist übrigens: …

 

Ja?

 

Ich höre Schornsteinfeger?!

 

Nö.

 

Hufeisen?! 

 

Nö, auch nicht.

 

Kleeblatt?!

 

Ja! Volltreffer! 52% der Deutschen (zum Beispiel) glauben daran, dass ein Kleeblatt Glück bringt. Vierblättrig natürlich, alles andere zählt nicht. Wo kommt dieser Aberglaube eigentlich her? Die meisten denken wahrscheinlich, dies stammt aus einer Zeit, als die Menschen sich noch sehr verbunden mit der Natur gefühlt haben und vermutlich noch nicht so sehr der Kirche zugewandt waren. Heißt ja schließlich „Aber“-Glaube und nicht Glaube. 

Weit gefehlt! Das Kleeblatt stammt sogar aus der ursprünglichsten aller religiösen Geschichten. Dem Ursprung der Menschheit sogar. Es geht zurück auf Adam und Eva! …wie, da kommt ein Feigenblatt vor und kein Kleeblatt?! Stimmt! Aber wer genau liest, der findet den Hinweis, dass Eva bei der Vertreibung aus dem Paradies ein vierblättriges Kleeblatt mitnahm – um sich an die schöne Zeit dort erinnern zu können… Aha!

Auch der Marienkäfer ist solch ein christliches Symbol des Glücks. Es steckt ja der Hinweis schon im Namen: Marien-Käfer, der Käfer Marias. Angeblich hat Maria, die Muttergottes, den Käfer als Geschenk auf die Erde geschickt. Wahrscheinlich zunächst ganz praktisch: um die Läuse von den Pflanzen zu fressen. Dadurch wuchsen die Pflanzen besser. Es gab bessere Ernten: Schwupp, war der kleine rote Käfer mit den schwarzen Punkten ein Glücksbringer. Rot hier übrigens auch symbolisch: die Farbe der Marienverehrung. 

 

Ich habe gestern auf meinem Strandspaziergang ein anderes Glückssymbol, einen Hühnergott, gefunden. Das ist ein Stein mit einem Loch. Zu Hause auf der Fensterbank liegen schon einige davon und ich konnte die Sammlung um einen weiteren bereichern. Diesmal ist es ein kleiner (s. Bild), dafür mit einem großen Loch. Häufig sind es Feuersteine, bei denen die Kreideeinlagerungen verwittert sind und dadurch ein Loch entsteht oder wo kleiner Muscheln oder ähnliches durch laaaaangjährige Bewegung am und im Stein für ein Loch gesorgt haben. Die Geschichte der Hühnergötter ist auf den slawischen Glauben zurückzuführen – und das macht auch Sinn bezogen auf ihr Verbreitungsgebiet. Man findet sie nämlich häufig an der Ostseeküste, z.B. um Rügen herum. Hier gibt es das entsprechende Gestein und hier waren slawische Völker ansässig. Beides zusammen ergibt den Glauben daran, das diese Steine, die man ja sehr gut an einer Schnur oder einer Kette als Amulett tragen kann, das Federvieh vor bösen Geistern schützen könnte. Genauer gesagt geht es um den Geist Kikimora, eine alte slawische Gottheit, die ein Poltergeist ist und Unglück bringt. So stiehlt sie Hühner oder macht, dass diese keine Eier legen. Blöd. Deshalb wollte man natürlich Kikimoras Einfluss abwehren und da hilft es wohl, wenn man einen Stein mit einem Loch aufhängt. Zum Schutz der Hühner = Hühnergott. In der Schweiz und Frankreich helfen diese Lochsteine nicht nur in Hühner- sondern auch in Pferde- und Kuhställen, sind also nicht nur Hühnergötter.

 

Ich finde, sie haben was Faszinierendes, diese Steine… Wenn man denkt, wie lange der Stein da schon auf der Erde unterwegs ist, um das Loch zu bekommen… Egal, ob durch Verwitterung oder durch stetes Höhlen… Wahnsinn! Deshalb sind sie auf alle Fälle etwas ganz Besonderes und egal, wen sie schützen (oder auch nicht), ich kann keinen Stein mit Loch am Strand liegenlassen. Ich muss die, die ich sehe, auch mitnehmen. Und man sieht, wenn man einmal drauf achtet, immer mehr! Ein vierblättriges Kleeblatt hingegen habe ich noch nie gefunden…

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