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Teatime mit Charles oder: drei auf einen Streich in Glasgow  

„Farewell, you valleys, full of flowers and clover!

Farewell, you forests, mossy rocks, 

You brooklets plunging in colorful sheen!”

 

Nein, diese Lobpreisung der schottischen Highlands stammt natürlich nicht von mir, sondern von DEM Nationalpoeten Schottlands, Robert Burns (1759-1796). In „My heart is in the highlands“ schwärmt er von seinem Heimatland und – was soll ich sagen… Wer schon einmal in Schottland war, kann ihn wohl ganz gut verstehen!

Ende September waren wir für 10 Tage unterwegs auf schottischen Straßen und haben uns einen ersten Eindruck verschafft von einem Land voller Landschaft, mit unzähligen Destillerien und Schafen (ok, alle Klischees bedient…)

 

Auf unsere gesamte Rundfahrt möchte ich hier nicht in epischer Breite eingehen, wen unsere Reiseroute interessiert, der findet sie hier. Das war eher so der Überblicksklassiker und lässt auf alle Fälle Entdeckungsraum für mindestens eine weitere Reise!

 

TIPP / HINWEIS: Wer als EU-Bürger jetzt nach Schottland reist, braucht einen Reisepass, Personalausweis reicht nicht mehr. Brexit und so…

 

Weiter im Text und zurück zu den Klischees. Oder so ähnlich, In dem Fall eher das, was so in meinem Kopf war: ich wollt ein Schottland uuuuuunbedingt in einen echten Tea-Room, stilvoll Tee trinken und Scones mit Clotted Cream essen. Das mit den Scones hat schon gleich zu Beginn in Edinburgh funktioniert, in einem süßen kleinen Café in der Neustadt. Lecker war’s! …aber eben noch nicht das, was in meinem Kopf so an Vorstellung existierte…

 

In Erfüllung sollte mein Wunsch erst am Ende unserer Reise und auch mehr durch Zufall gehen – in Glasgow.

 

Aber von vorne. Glasgow. Hatte ich mir anders vorgestellt und ja, vielleicht war ich auch (zunächst) ein bisschen enttäuscht. Von der Isle of Skye kommend, aufs Positivste satt von den ganzen Landschaftseindrücken der Highlands, ist die größte Stadt Schottlands dann eher ein, mmmmmh, nennen wir es: Kulturschock. Sie hat über 630.000 Einwohner, ist ein ehemaliges Handelszentrum, industriell geprägt und war einst eine der reichsten Städte der Welt. Wachstum, Fortschritt, Moderne. Stahlwerke, Kohleminen, Schwerindustrie. Hinterlässt Spuren – good and bad. In den 1980er Jahren kam der Niedergang, die einstige Perle am Fluss Clyde schillerte nicht mehr ganz so schön. In der Zwischenzeit tut man einiges, um das Image wieder aufzupolieren, um neben dem pittoresken Edinburgh zu bestehen. Nicht nur für die Einwohner, sondern auch für die Besucher. Vor allem im Westen der Stadt sieht man die „neuen“ Perlen an der Schnur – oder anders gesagt: wenn man vom Bahnhof aus am Clyde entlangschlendert, strahlen sie im Licht. Das Glasgow Science Centre mit seinem Tower, der mit 127 m der größte freistehende Turm Schottlands ist. Oder auf der anderen Flussseite die Eventlokalitäten, errichtet von Sir Norman Foster: Das „OVO Hydro“, eine riesige Mehrzweckhalle, in der Billy Idol spielt oder der Cirque der Soleil die Artisten durch die Luft fliegen lässt. Vom selben Architekten das Clyde Auditorium oder – aufgrund seines Aussehens der viel passendere Name – das SEC Armadillo, 1997 fertiggestellt. Es erinnert ein bisschen an eine verkleinerte Form des Sydney Opera House oder eben an ein Gürteltier (=Armadillo). Weiter geht es an der Uferpromenade bis hin zum Riverside Museum, dessen Gebäude von der irakischen Architektin Zaha Hadid stammt. All bright and shiny. 

Und vielleicht auch ein bisschen geprägt von dem Wunsch nach dem sog. „Bilbao-Effekt“. So genannt, weil der spektakuläre Baukörper des Guggenheim-Museums von Frank Gehry für eine Aufwertung nicht nur des direkten Umfelds, sondern der gesamten Stadt, inklusive Touristenströmen geführt hat. …nicht wenige Städte würden sich wohl eine ähnliche Attraktion wünschen…

 

Nun denn.

 

Ich wollte ja kein Event oder eine Attraktion. Eigentlich. Ich wollte doch Tee! Aber dafür war ein weiterer Umweg nötig. Sogar eine Zeitreise! Zurück in die Zeit, als Glasgow seine einstige Blüte erlebte. Als amerikanischer Tabak, karibischer Zucker, Baumwolle und so viel mehr Waren in die Stadt kamen und prächtige Bauten entstanden. Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts. Es entstand ein kulturelles Zentrum mit der Glasgow School of Art und einem ihrer Mitbegründer Charles Rennie Mackintosh (1868-1928). Art Nouveau war der heißeste Trend der Zeit. 

 

Und die Art Nouveau war Vorläuferin und Impulsgeberein für das moderne Design, das bauhaus, bis in unsere heutige Zeit. Und Mackintosh mittendrin. An ihm kommt man in seiner Heimatstadt natürlich auch nicht vorbei, seine Bauten prägen die Straßenzüge gemeinsam mit denen seiner Zeitgenossen. Und so sollte es auch für uns ein Besuch im Mackintosh House sein. 

 

Nach ein paar Auffindungsschwierigkeiten endlich die Tür.

Geschlossen. 

Mist. 

Trotz gegenteiliger Infos auf der Website. Grrrr…

Ok, dann nicht. Weiter, rechts um die Ecke, Einkaufsstraße. Und: oh, guck mal da. Das sieht aber ganz schön nach… Das ist doch… Hä? Warte mal… Mackintosh! Wir waren in der Sauchiehall Street gelandet und standen vor einem der Willow Tearooms, beziehungsweise eigentlich vor dem dazugehörigen Museum. Der Tearoom hatte unser Bewusstsein noch nicht erreicht. 

 

Museum? Na klar! Wollten wir ja ohnehin… Also hinein und von einer äußerst freundlichen Dame empfangen, die uns eine erste Einführung gab und uns dann den Zugang zu den Museumsräumlichkeiten öffnete, die wir komplett für uns alleine hatten. Und wie wunderbar war es dort! Herrlich viele Möglichkeiten, sich interaktiv mit der Welt des Tees, Catherine Cranston und Charles Rennie Mackintosh auseinanderzusetzen und viel über die Willow Tearooms zu erfahren!

 

Na ja und schließlich blieb uns ja quasi nichts anderes übrig, als das „Mackintosh at the willow“ zu besuchen! Glück gehabt, Tisch in der herrlichen Art Nouveau-Kulisse bekommen, dann doch gegen Scones und für Sandwich entschieden, aber auch für einen Tee: „1903 Blend“, der speziell für die Tearooms kreiert worden war – wenn schon, denn schon!

 

Und so gab es Tearoom, Art Nouveau und Mackintosh auf einen Rutsch – die perfekte Kombination! Teatime mit Charles – nicht dem neuen König, aber trotzdem irgendwie sehr britisch!

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